04.06.2020

Rechtsstaatlichkeit ist weder wegen der Corona Pandemie und ihren Folgen für die Justiz noch in laufenden Prozessverfahren disponibel, auch nicht, wenn es um den Einsatz digitaler Hilfsmittel geht. Die zuletzt bekanntgewordenen Vorfälle über Missbrauch von Bild- und Tonaufzeichnungen im BUWOGProzess, sind laut RAK-Wien-Präsident Dr. Michael Enzinger inakzeptabel.

Wien, 04. Juni 2020. Die Nutzung digitaler Hilfsmittel im Justizsystem soll die Notlage vieler Gerichte lindern und den Justizgewährungsanspruch der Bevölkerung unterstützen. Die Überwindung veralteter Methoden der Protokollführung in Zivil- und Strafsachen ist daher auch als Korrektiv für Fehlverhalten von Prozessteilnehmern seitens der Anwaltschaft zu begrüßen.

Durch den Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungen darf allerdings das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit und Privatsphäre ebenso wenig gefährdet werden wie das durch die Menschenrechtskonvention definierte Recht von Beschuldigten auf ein „fair trial“. Dazu gehört, dass die Kommunikation zwischen Verteidiger und Mandant absolut geschützt sein muss, also Tabu für Gerichte und Staatsanwaltschaft ist.

Zuletzt sind immer wieder Übergriffe der Strafverfolgungsbehörden - etwa BVT - bekanntgeworden, die der Nachprüfung durch unabhängige Gerichte weitestgehend nicht standgehalten haben. Die zuletzt publik gemachten Fehler der Video- und Tonaufzeichnungen im BUWOG-Verfahren sind ein weiteres trauriges Beispiel dafür, dass Rechtsstaatlichkeit auch in Österreich gefährdet ist. „Die Verwendung unzulässig hergestellter Ton- und Bildaufzeichnungen über vertrauliche Gespräche zwischen Rechtsanwalt und Mandant durch den Schöffensenat ist eine Verletzung elementarer Grundsätze des ‚fair trial‘. Die Verharmlosung durch die Betroffenen zeigt, dass wir auch in Österreich ein striktes Beweisverwertungsverbot benötigen, wie dies in anderen Rechtsordnungen verankert ist“, meint Michael Enzinger und erwartet ein konsequentes Vorgehen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Österreich.

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